...und dann kommt Lindner

Es sind die Tage der Neujahrsempfänge. Am Freitag hatte die SPD ins Stadthallenrestaurant geladen. Am Sonntag ruft die FDP ihre Mitglieder in die Hasper Doganarena. Immerhin ist Christian Linder angesagt.

© Ralf Schaepe

Andere Parteivorsitzende haben Mitglieder – Christian Lindner hat eine Fanbase.

Zumindest kann man das für Hagen sagen. An die 500 Leute sind nach Haspe in die Doganarena gekommen und warten auf Lindner. 500 Leute – das sind mehr als drei mal so viele wie am Freitag beim Neujahrsempfang der SPD. Davon überraschend viele junge Leute. Hagens FDP-Chefin Katja Graf ist ziemlich gut gelaunt: besser konnte es kaum laufen. „Mit dem Zuspruch sind wir sehr zufrieden. Wir haben etwa mit der Hälfte gerechnet, aber Mitte der Woche gingen die Anmeldezahlen durch die Decke. Es waren viele dabei, die nicht in der FDP sind – und es waren sehr viele junge Leute.“

FDP-Kreischefin Katja Graf: "Die Anmeldezahlen gingen durch die Decke."© Ralf Schaepe
FDP-Kreischefin Katja Graf: "Die Anmeldezahlen gingen durch die Decke."
© Ralf Schaepe

Das Publikum: bürgerliche Mitte und Mittelstand, und das Publikum wartet auf Lindner wie auf ein Zeichen der Hoffnung. Mit einer Stunde Verspätung steigt Lindner aus einem ziemlich großen Bus. Im Saal fragt er erst mal, ob jemand eine Torte dabei hat. Lachen. Er sagt, er wäre von dem Tortenattentat in Greifswald traumatisiert. Kurzes Stutzen. Niemand glaubt hier, dass man Lindner traumatisieren kann. Auf der Torte war keine Sahne sondern Rasierschaum, fährt er fort. Er sei als Kleinkind jeden Tag in der Konditorei des Opas gewesen. Rasierschaum statt Sahne findet er unmöglich. Die Leute lachen wieder: Lindner nimmt einen Angriff auf ihn, um selbst offensiv zu werden. So ist er. So soll die FDP sein - vor allem angesichts der derzeit desaströsen Umfragezahlen. Lindner: „Bei meiner ersten Spitzenkandidatur 2021 lagen wir in den Umfragen bei 2 Prozent. Am Wahltag waren es 8,6. Wahlkampf beginnt ja nicht, um Umfragen zu bestätigen, sondern, um sie zu verändern.“

© Ralf Schaepe
© Ralf Schaepe

Ich habe nicht jeden einzelnen gefragt, aber trotzdem vermittelt sich die Stimmung unter den Zuhörern. Die ist etwa so: Hier stellt jemand die Sachen vom Kopf auf die Füße. Weniger Staat. Daran denken, dass der Sozialstaat aus Steuern bezahlt wird, und auch Ökologie funktioniert nur, wenn die Wirtschaft funktioniert. Mehr Freiheit für den einzelnen, weniger Bürokratie. „Deutschland braucht die FDP weil wir gezeigt haben, dass wir es ernst meinen, unser Land wieder auf einen wirtschaftlichen Erfolgskurs zu bringen. Das ist die erste Priorität. Alles Soziale und Ökologische muss man sich ja leisten können.“

© Ralf Schaepe
© Ralf Schaepe

Lindner würzt seine politischen Aussagen mit Anekdoten: Wie ein Politikerkollege ihn auf dem auf dem Weltwirtschaftsforum darauf hinweist, das Deutschland wegen seiner wirtschaftlichen Schwäche beinahe schon bemitleidet wird, das erzählt er detailliert.

Lindner redet nicht vom Pult aus sondern marschiert mittenmang unter den Leuten auf und ab und erzählt. Am Ende bekommt er Standing Ovations. Das kommt bei Politikerreden nicht so oft vor.

Nach der Rede ist auch Lindner ziemlich gut gelaunt - wegen der 500 Leute in Hagen und weil er sichtbar und fühlbar gewirkt hat. Das Publikum ist weitgehend begeistert: Lindner hat gezeigt, dass die FDP wiederbelebbar ist.

Ralf Schaepe

skyline