SPD Neujahrsempfang
Veröffentlicht: Samstag, 11.01.2025 07:45
Die SPD hatte am Freitag ihren Neujahrsempfang in der Stadthalle. Der stand im Zeichen zweier Wahlkämpfe: Dem für die Kommunalwahl im Herbst - und dem Bundestagswahlkampf.
Die dominierende Lichtfarbe ist rot. SPD-rot, warm und gemütlich, die Stimmung entspannt. Rund 150 Sozialdemokraten sind Freitag Abend ins Stadthallenrestaurant gekommen um zu sehen, wie sich ihre zwei Kandidaten so präsentieren: Thomas Köhler, der im Herbst Oberbürgermeister werden will, und der Bundestagsabgeordnete Timo Schisanowski, der sein Mandat behalten will.
Thomas Köhler zeigt, dass gut ohne Manuskript reden kann. „Ich bewerbe mich um das Amt, weil ich die Potentiale dieser Stadt heben will“, sagt er. Und er sagt, dass er großen Respekt vor dem Amt habe. „Das ist kein Job; das ist eine große Herausforderung und ein Geschenk.“ Chef einer Verwaltung mit „1 Milliarde Umsatz.“
Die Zuhörer hören ihren Kandidaten reden und finden, dass er das ganz gut macht. Die Themen, so sagt er, liegen auf der Straße – wortwörtlich. „Die Stadt ist in Teilen ein bißchen verwohnt und nicht überall sauber. Es geht um die Frage wie Hagen sich aufstellt. Da bin ich bei den Brücken und bei den Straßen. Man hat hier sehr lange den Unterschied zwischen Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nicht richtig definiert.“ Das wäre so ein Thema. „Ich kann gut mit Menschen reden und höre auch zu. Ich bin keiner der glaubt, er hätte die Weisheit mit Löffeln gefressen.“
Er wolle die Stadtgesellschaft betrachten und denen helfen die Hilfe benötigen, und die sollen sich einfügen können – aber auch an Regeln halten. Auf der anderen Seite gebe es eben auch die schönen Seiten: das Engagement der Hagener im kulturellen, im Sport und im sozialen Bereich. Das müsse man auch herausstellen.
Köhler verpackt seine Inhalte in einen launigen Ton und begrüßt Dennis Rehbein. Rehbein ist sein Kandidatenkonkurrent von der CDU, lässt sich aber auf der SPD-Veranstaltung blicken. „Oberbürgermeister kann nur einer von uns beiden sein – und ich arbeite dafür, dass Du es nicht wirst.“ Das ist keine Attacke; im Tonfall kommt der Satz eher kumpelhaft-flapsig rüber. Die beiden kennen sich und schätzen sich und Köhler sagt „Dennis ist ein guter Kandidat – das will ich gerne sagen. Wir sind unterschiedlich“ aber beide seien geeignet für das Amt. Er sei froh, dass Hagen eine echte Wahl habe.
Die Wahl, die aktueller ist als die Kommunalwahl, ist die Bundestagswahl im Februar. Timo Schisanowski ist 2021 mit 33 Prozent als Hagener SPD-Bundestagskandidat gewählt worden. Seine Partei schlägt sich derzeit mit Umfragewerten um die 15-16 Prozent herum. Wegen der Ampel. Die Ampel, sagt Schisanowski in seiner Ansprache, habe Erfolge gehabt und ein gutes Krisenmanagement betrieben. Die Erfolge: der Mindestlohn sei als erstes angehoben worden, „die Renten sind stabilisiert“. Kurz nach der Wahl habe der Ukrainekrieg die Regierung in permanentes Krisenmanagement geführt. Und auch das sei erfolgreich gewesen: Keine Wohnung sei in der Gaskrise kalt geworden„ Streit und unsere Außendarstellung haben den Blick auf die Erfolge der Ampel versperrt“, und er lobt die „besonnene Ukrainepolitik des Kanzlers.“
Schisanowski hat eine Neigung zu langen verwurschtelten Sätzen, hat aber wohl daran gearbeitet und sich kurze Aussagen draufgeschafft: „Wir kämpfen für mehr Netto vom Brutto“ ist so einer. Und: „Wir wollen weiter als Partei der sozialen Gerechtigkeit für einen starken Sozialstaat eintreten.“ Das Thema Migration streift er kurz: Die SPD habe eine Wende in der Migrationspolitik eingeleitet, indem sie irreguläre Migration angefangen habe zu begrenzen. Auf dem Neujahrsempfang der SPD kommt Schisanowski mit seiner Rede gut an.
Später im Interview ist Schisanowski auch Selbstkritisches zu entlocken. Sowohl zur Wirtschaftspolitik als auch zum Megathema Infrastruktur mit Bröselbrücken, fehlender Digitalisierung und kaputten Straßen: Politiker aller Parteien hätten es in den 2000er- und 2010er Jahren versäumt, ausreichend in den Staat zu investieren „Wir haben zu lange von unserem Wohlstand gezehrt – jetzt haben wir die Konsequenzen.“
Neujahrsempfänge der Parteien sind immer ein bisschen Selbstvergewisserung, Seelenstreicheln für die Parteimitglieder und politische Standortbestimmungen. Alle drei Teilaufgaben hat Schisanowski im Stadthallenrestaurant berücksichtigt und solide absolviert. Die rauhe Wirklichkeit ist draußen. Inwieweit beides zusammenpasst, zeigt sich im Februar.
Ralf Schaepe