Windkraft in Hagen
Veröffentlicht: Montag, 01.03.2021 14:54
Für die einen droht eine verspargelte Landschaft, die allerlei Vögel bedroht und auch die Menschen mit Schlagschatten, Vibrationen und Hässlichkeit stört und nervt.
Für die anderen ist es ein dringend notwendiger Beitrag zur Energiewende: Es geht um Windkraftanlagen, die nicht nur immer mehr, sondern auch immer größer werden wollen.
In Hagen war Windkraft im Februar wieder Thema: Der Rat hat sich mit dem Wind und der Stadt beschäftigt.
Eiinfache Frage: Kann ich einfach eine Windanlage neben dem Bismarckturm bauen, wenn ich das nötige Kleingeld dafür habe und das tun möchte?
Die Antwirt ist kompliziert. Die Anlage muss genehmigt werden, und dafür gibt es Gesetze. Aber wenn nichts dagegen spricht, muss die Stadt eine Windanlage genehmigen. Das Problem ist, dass es in Hagen schnell unübersichtlich wird.
Die Stadt hat versucht, das ganze etwas einzuhegen und zu ordnen. Die Grundidee: Windanlagen soll es geben. Aber nicht als überall verstreuten Wildwuchs. Und es sollte auch die Forderung erfüllt werden, dass die Stadt der Windkraft einen angemessenen Raum gibt. Als Faustformel kann man sagen: 2 % der Landfläche sollten es schon sein. Also hat die Stadt Anfang des Jahrhunderts einen sogenannten Teilflächennutzungsplan aufgestellt. Der sollte so eine Art Reservate für Windanlagen schaffen. Beabsichtigter Nebeneffekt: außerhalb dieser Gebiete wäre damit praktisch jede Windanlage automatisch verboten.
Mit der Reservateidee fing dann Streit an. Eine Frage dabei: Wie weit muss eine Windanlage von der nächsten Bebauung entfernt sein. Also: Wo ist die Grenze eines solchen Windreservates? Denn: Nachbarn solcher Anlagen haben die Dinger nicht gerne. Weil sie das Landschaftsbild stören, verringern sie den Wert der Grundstücke. Weil Windräder sich drehen, erzeugen sie sogenannte Schlagschatten, die im ungünstigen Fall unaufhörlich direkt durchs Wohnzimmer flitzen. Das bestreiten andere zwar, aber letztlich wird sowas gerne vor Gericht ausgefochten und ist damit unsicher im Ergebnis. Gegner führen auch Vibrationen als Argument ins Feld: Dreht sich der Rotor, vibriert der Windanlagenturm automatisch. Der überträgt die Vibrationen auf den Felsboden, und damit wackeln die Gläser im Schrank ein paar hundert Meter weiter.
Die NRW-Landesregierung hat sich der Sache angenommen und hat einen Gesetzentwurf in der Schublade. Der sieht vor, dass zur nächsten Wohnbebauung mit mindestens zehn Häusern ein Abstand von 1000 Metern angehalten werden muss. Das Problem: Der Entwurf liegt schon länger in der Schublade, ist aber noch nicht beschlossen. Und nun steht die Stadt Hagen auf dem Schlauch: So lange man keine gesetzliche Regelung für den Abstand hat, kann man die Größe dieser Reservate für Windanlagen nicht bestimmen. Und noch ärger: Bleibt es bei den 1000 Metern, dann gibt es in Hagen überhaupt keine Reservate, die man definieren kann, denn dafür ist Hagen einfach zu dicht besiedelt.
Deshalb ist auch im Februar im Rat kein Teilflächennutzungsplan beschlossen worden. Und nun haben wir keinen substanziellen Raum für Windenergie und keinen rechtswirksame Flächennutzungsplan-Änderung. Diese müsste nämlich der Windkraft substantiellen Raum zu geben, das ist polizisch so gewollt. Und das ist unter den diskutierten Bedingungen einfach nicht machbar.
Im Ergebnis heißt das: weil es keine definierten Gebiete für Windanlagen gibt, können einzelne Anlagen praktisch überall beantragt werden. Genehmigt werden müssen sie, wenn sie denn nicht gegen irgendeine Vorschrift verstoßen. Im letzten Monat wurden zum Beispiel zwei Anlagen am Rafflenbeuler Kopf genehmigt – gegen die laufen Anwohner schon länger Sturm. Insgesamt liegen derzeit 8 Anträge für Windanlagen in Hagen in der Pipeline. Das ist deswegen möglich, weil eine einzelne Anlage nun mal nicht so viel Platz braucht wie ein ganzes Gebiet für mehrere Windanlagen. Es führt aber im Extremfall zu der Verspargelung der Landschaft, die andere verhindern wollen. Weil es keine Reservate gibt und damit keine klare Genehmigungslage, ist nun mit rechtlichen Auseinandersetzungen zu rechnen, weil Anwohner jeden juristischen Hebel nutzen, um Windanlagen zu verhindern.
Eine Windanlage am Bismarckturm stünde übrigens viel zu nahe an der nächsten Wohnbebauung, egal ob die Landesregel so kommt oder nicht. Die würde auf keinen Fall genehmigt werden...