Grußwort für das Jahr 2021

„Leben kann man nur vorwärts.“

Liebe Mitbürgerinnen und liebe Mitbürger, diese Worte von Søren Kierkegaard gehen mir durch den Kopf, während ich meinen Gruß an Sie, die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, am Jahresende verfasse. Den Blick nach vorne richten – das hat uns das Jahr 2021 mehr als einmal gelehrt. 

© Michael Kaub Stadt Hagen

Wir haben 2021 begonnen, wie wir das alte Jahr verlassen haben – im Lockdown aufgrund der Coronapandemie. Diese sieben Monate bis Mai 2021 waren eine zermürbende Zeit für unsere Stadt – für die Pflege- und Gesundheitsbranche, für den Einzelhandel, für die Gastronomie, für Reise- und Gastgewerbe, für die Wirtschaft, für unsere Kinder und für jede und jeden Einzelnen von uns persönlich. Doch das Jahr 2020 hat uns auch mit einem Lichtblick verabschiedet – am 27. Dezember haben wir die erste Coronaschutzimpfung in Hagen durchgeführt und somit einen entscheidenden Schritt auf dem Weg raus aus der Pandemie eingeschlagen. Wir alle wissen, dieser Weg wird lang, beschwerlich und das Ziel ist noch längst nicht erreicht. Wir alle brauchen eine gehörige Portion Zuversicht und Durchhaltevermögen. Doch gute Gründe zur Zuversicht nenne ich Ihnen gerne: Allein in den letzten zwei Monaten hat unser städtisches Impfteam über 42.000 Impfungen in Hagen durchgeführt, rund 40 Prozent der Hagener Bevölkerung sind bereits zum dritten Mal geimpft, seit Mitte Dezember können auch Kinder unter zwölf Jahren geimpft werden. Die Impfung ist unser Weg raus aus der Pandemie, zurück in die Normalität, nach der wir uns bald zwei Jahre lang sehnen.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, „Leben kann man nur vorwärts.“ Das hat uns in Hagen auch das Jahrhunderthochwasser am 14. Juli 2021 tragischerweise vor Augen geführt. Zu unserem großen Glück hat die Flut in Hagen kein Menschenleben gekostet. Doch das Wasser hat mit gnadenloser Wucht und Unmengen an Schlamm, Geröll und Schutt die größte Zerstörung unserer Stadt seit dem Zweiten Weltkrieg angerichtet. Zahlreiche Hagenerinnen und Hagener verloren – teils zeitweise, teils längerfristig – ihr Zuhause. Die Regenmassen verwandelten unsere Gewässer in reißende Flüsse und spülten berufliche und private Existenzen innerhalb weniger Stunden davon. Die Schadenssumme allein an der städtischen Infrastruktur beträgt rund 200 Millionen Euro. Rund 800 betroffene Hagener Unternehmen und Betriebe beziffern ihre Schäden und Verluste auf etwa 550 Millionen Euro. Hinzukommen rund 5.000 Privathaushalte. Wir gehen daher von einer Schadenssumme in Hagen aus, die insgesamt die Milliardengrenze überschreitet.

Tief beeindruckt hat mich in dieser schweren Zeit der Zusammenhalt der Hagenerinnen und Hagener untereinander, die Solidarität und die spontane Hilfsbereitschaft von Nachbarn, Freunden und auch ganz Fremden – nicht nur aus ganz Deutschland, sondern sogar aus fernen Ländern. Es war bemerkenswert, wie viele Menschen aus nicht vom Hochwasser betroffenen Gegenden beim Aufräumen halfen oder wie schnell die ersten Spenden-Millionen zusammenkamen. Sich nicht allein gelassen zu fühlen, das hat uns allen wieder Mut gemacht. Diese menschliche Anteilnahme war und ist mindestens genauso wichtig wie die finanzielle Unterstützung. Aber auch das unermüdliche Engagement, bis heute Sach- und Geldspenden zu sammeln, überwältigt mich: Die Hochwasserhilfen in den unterschiedlichen Stadtteilen, der Einsatz einzelner Vereine und Initiativen, aber auch große Events wie die Benefizspiele des BVB oder von Phoenix Hagen gegen unser Theater Hagen. Der Blick nach vorn war das, was uns aufrecht hielt und auch nach wie vor hält. Denn auch fünf Monate nach der Katastrophe sind die Spuren des Hochwassers in unserer Stadt sichtbar. 

Liebe Hagenerinnen und Hagener, wo stehen wir heute und wie geht es weiter? Die schlimmsten Schäden an der städtischen Infrastruktur sind verschwunden, doch gibt es noch vereinzelte Straßen im Stadtgebiet, die nicht befahrbar sind. Der Schlamm aus den Häusern und Gärten ist größtenteils beseitigt, Betroffene habe Soforthilfen und viele Unterstützungsangebote erhalten, die großen finanziellen Aufbauhilfen von Land und Bund für Privatpersonen und die Wirtschaft stehen aber noch aus. Wir alle wissen es: Wir haben noch viel Aufbauarbeit vor uns. Der Starkregen und das anschließende Hochwasser haben uns in aller Härte gezeigt, dass das Thema Hochwasserschutz ganz neu in den Fokus genommen werden muss. Hochwasserschutz muss künftig über Stadt- oder Kreisgrenzen hinweg gedacht werden. Die Stadtverwaltung Hagen arbeitet – neben dem fortlaufenden Wiederaufbau – mit Hochdruck an einem Hochwasserschutzkonzept, das solche tragischen Ereignisse in Zukunft verhindern soll. 

Liebe Hagenerinnen und Hagener, das Jahr 2021 hat uns neben der anhaltenden Coronapandemie und dem Jahrhunderthochwasser im Juli zahlreiche erfreuliche, aber auch traurige Ereignisse, Erinnerungen und Neuerungen beschert. Mir persönlich bleiben, neben Unmengen an weiteren glücklichen und trüben Geschehnissen, ganz besonders folgende Erinnerungen im Gedächtnis: 2021 war ein besonderes Jahr für Hagens Stadtgeschichte: Unsere Stadt ist 275 Jahre alt geworden. Auch wenn wir das Jubiläumsjahr coronabedingt nicht so angemessen feiern konnten, wie geplant, gab es dennoch eine Reihe von kleinen Veranstaltungen und Aktionen von Hagenerinnen und Hagenern. Zum Auftakt haben wir zum Beispiel mit dem Philharmonischen Orchester Hagen unter Leitung von Joseph Trafton am 6. Januar einen musikalischen Neujahrsgruß an alle Bürgerinnen und Bürger gesendet. Im Februar sprach sich der Rat der Stadt Hagen für Sebastian Arlt als neuen Dezernenten für den Vorstandsbereich für Recht, Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Bürgerdienste, Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz der Stadt Hagen aus. Sebastian Arlt ergänzt seit Mai den Verwaltungsvorstand der Stadtverwaltung und musste sich als Krisenstabsleiter in diesem Jahr gleich mehrfach beweisen.

Im April hat unsere Stadt ein Trauerfall getroffen: Dr. Ulrich Schumacher, Sohn des bekannten Malers Emil Schumacher, Stifter und Stiftungsvorsitzender der Emil-Schumacher-Stiftung sowie Museumsdirektor, ist am 15. April nach schwerer Krankheit im Alter von 79 Jahren verstorben. Als Sohn Schumachers und Stiftungsgründer war Ulrich Schumacher maßgeblich für den exzellenten, internationalen Ruf des Hagener Kunstquartiers mitverantwortlich. Eine große Feier anlässlich des Spatenstichs für das neue Freizeitareal rund um das Freibad am Hengsteysee konnte im Mai coronabedingt leider nicht stattfinden. Trotzdem fiel mit dem Spatenstich endlich der Startschuss für eines der größten Projekte für den regionalen und überregionalen Tourismus sowie die Freizeit und Naherholung am Hengsteysee: der Seepark Hengstey. Die Inbetriebnahme des muslimischen Waschhauses auf dem Friedhof Vorhalle im Juni war ein wichtiger Meilenstein für unsere bunte und vielfältige Stadtgesellschaft und ganz besonders für unsere muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Mit dem Monat Juni verabschiedete sich zu meinem größten Bedauern ein Stück Unternehmensgeschichte aus unserer Stadt: Der letzte Arbeitstag in der Batterieproduktion Hawker nach 134 Jahren fand am 30. Juni statt. Zutiefst erschüttert haben mich die Berichte im September über einen geplanten, doch glücklicherweise durch unsere Polizei vereitelten Anschlag auf die Synagoge in unserer Stadt in unmittelbarer Nähe zum Hagener Rathaus. Es ist die klare und unverrückbare Haltung der Stadt Hagen, dass es zu jeder Zeit ein entschlossenes und kompromissloses Vorgehen gegen jede Form von Antisemitismus geben muss. Dazu bekennen sich Politik und Verwaltung, dazu bekennen sich alle Menschen in unserer Stadt, die für ein friedliches Zusammenleben aller Religionen einstehen. Sehr gefreut habe ich mich darüber, dass wir unter Beachtung eines strengen Schutz

und Hygienekonzeptes nach der Pause im Vorjahr am 18. November den 54. Hagener Weihnachtsmarkt eröffnen konnten. Der Weihnachtsmarkt beschert uns in der kalten und dunklen Jahreszeit ein festliches und besinnliches Gefühl. Weiteren Anlass zur Freude gab es in den letzten Wochen des alten Jahres: Die Bezirksregierung Arnsberg hat der Stadt Hagen für die Digitalisierung ihrer Schulen nicht nur im November eine Förderung von 4,43 Millionen Euro bereitgestellt, sondern die Stadtverwaltung gewann im Dezember auch die deutschlandweite Ausschreibung des Pilotprojektes „Klimakommune Digital“. Das Ziel des Projektes ist, die städtischen CO2-Emissionen transparent zu machen und die digitale Energiewende voranzutreiben. 

Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger, dies war nur ein kleiner Rückblick auf die vergangenen zwölf Monate. Natürlich könnte auch 2021 zahlreiche weitere Seite füllen. Mit jedem scheidenden Jahr verbindet jede und jeder von uns fröhliche und zufriedenstellende Erinnerungen, aber auch sorgenvolle und traurige Ereignisse. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass Ihnen das Jahr 2021 trotz Corona und der Hochwasserkatastrophe ebenso glückliche Momente beschert hat. Ich wünsche Ihnen ein fröhliches, besinnliches und stimmungsvolles Weihnachtsfest im Kreise Ihrer Familien, Partnerinnen und Partner, Freunde und Bekannten sowie einen ebenso ruhigen Übergang ins neue Jahr. „Leben kann man nur vorwärts.“ Ganz im Sinne Kierkegaards wünsche ich Ihnen alles Gute, Gesundheit, Lebensfreude und eine große Portion Zuversicht für 2022!

Hagen, im Dezember 2021

Erik O. Schulz

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